Musical.ly sagt dir nichts? Nicht so schlimm, die LipSync-App gibt es nicht mehr, denn sie trägt jetzt einen neuen Namen. “Tik Tok“, das asiatische Pendant zu Musical.ly, hat die App für geschätzte 800 Millionen bis 1 Milliarde Dollar aufgekauft. Mit monatlich 500 Millionen Usern war Tik Tok bisher die meist gedownloadete App im App Store 2018 – noch vor Whatsapp und Instagram.
Tik Tok statt Musical.ly
Musical.ly war bisher ein reines Video-Netzwerk, genutzt im europäischen und amerikanischen Raum, was sich vorrangig an Teenager ab 13 Jahren richtete. Vor allem aber bei noch jüngeren Kindern, war die Plattform sehr beliebt. Hauptsächlich Tanz- und Comedy-Clips, sogenannte Lip-Sync-Videos waren der Trend. Die Zwillinge “Lisa und Lena” machten die App in Deutschland zum Mega-Hit unter den Teenies.
Tik Tok, in China bekannt als Douyin, ist die asiatische Version von Musical.ly. Rund 14% der chinesischen Smartphone-User haben diese App auf ihrem Smartphone installiert. Die App hat sich als die weltweit am schnellsten wachsende App etabliert und führte im ersten Quartal 2018 mit 45,8 Millionen die App-Download-Rankings an.
Tik Tok und Musical.ly: Mit vereinten Kräften
Musical.ly existiert nun nicht mehr. Die Entwickler von Bytedance haben die beiden Apps Musical.ly und Tik Tok nun unter ein Dach gebracht, um eine größere und bessere Videocommunity zu schaffen. Logisch, denn die beiden Apps funktionierten nach demselben Prinzip: Die User können kurze Videos zu einem Song oder einer Audiodatei ihrer Wahl aufnehmen und performen dazu vor der Kamera. Dabei können sie zwischen fünf verschiedenen Geschwindigkeiten wählen, in Slow-Motion sowie Zeitraffer aufnehmen. Wie auch in anderen Social Media Kanälen kann man sich gegenseitig folgen, liken und Kommentare verfassen. Außerdem kann man nach Benutzern, Sounds und Hashtags gezielt suchen.
Das asiatische Tik Tok mit weltweit rund 500 Millionen monatlichen Nutzern und die europäisch-amerikanische Schwester mit rund 250 Millionen registrierten Accounts genossen in ihren Regionen einen enormen Erfolg. Nun sollen die Nutzerzahlen der verschiedenen Regionen miteinander verknüpft werden und noch mehr Reichweite erlangen. Bereits bei Musical.ly registrierte Nutzer wurden automatisch übernommen.
“Musical.ly und Tik Tok teilen die gleiche Mission. Deshalb ist es ein logischer Schritt, aus zwei Plattformen eine zu machen.”
– Alex Zhu, Mitgründer von Musical.ly und Senior Vice President von Tik Tok
Mit vereinten Kräften soll die App nun auch Erwachsene ansprechen. Musical.ly hatte in der Vergangenheit mit vielen Vorwürfen zu kämpfen. Die App verlocke junge Mädchen dazu, sich freizügig gekleidet und anzüglich vor der Kamera zu bewegen. Deshalb will Bytedance die App sicherer machen. Für die Zukunft ist ein “Safety Center” geplant, damit Nutzer leichter einstellen können, wer ihre Inhalte sehen darf und wer nicht.
Ausbau als Influencer-Marktplatz und Kampagnenplattform
Mit dem Zusammenschluss sollen den Usern neue Werkzeuge, Effekte und Filter zur Verfügung stehen, die die ehemaligen User durch ein Update erhalten. Auch die Länge der Videos ändert sich: Waren bisher Videos mit bis zu 15 Sekunden Länge möglich, kann der User jetzt bis zu 5 Minuten filmen. Es ist damit zu rechnen, dass hierdurch neuer Platz für Werbespots entstehen wird. Wie auch bei Youtube, Instagram und Facebook bahnen sich neue Flächen für Werbeanzeigen aber zu günstigeren Preisen an. Unternehmen sollten diese Option auf jeden Fall auf dem Schirm haben und die Entwicklung beobachten. Vor allem am Anfang kann ein starker Markenaufbau durch wenig Konkurrenz hier leichter fallen. Hier hast du die Chance als “First Mover” als einer der Ersten eine völlig neue Zielgruppe zu erreichen und an deine Marke zu binden.
Mit seiner vertikalen Ausrichtung orientiert sich Tik Tok deutlich an Instagram und Snapchat. Die Hochkant-Videos liegen voll im Trend und garantieren eine benutzerfreundliche Aufnahme mit dem Smartphone. Dass nun auch längere Videos möglich sind, erinnert stark an Instagram (IGTV) und Youtube.

“Durch die Vereinigung mit Bytedance”, sagt Verena Papik, die Europachefin von Musical.ly, “haben wir einen Partner, der eine Technologie bietet, die unser Produkt verbessert”. Auch ältere Zielgruppen sollen ins Boot geholt werden und durch das Einführen von Kategorien wie Beauty, Reisen und Sport weitere Interessenten anlocken. Die App will weg vom Teenie-Lipsync-Image. Die aktiven User laden mittlerweile deutlich mehr hoch als das: spektakuläre Fussball-Clips, Do-It-Yourself-Videos oder Clips zu den Themen Food, Gaming, Videokunst, Mode, Tech und Reise. Vor allem Comedy und Sport entwickeln sich rasant und bilden auch Themen für Erwachsene.
Wie wichtig Musical.ly die Entwicklung Richtung Werbeplattform ist, zeigen einige größere Investitionen: Anfang 2018 hat Musical.ly einen 50 Millionen Dollar schweren Fond aufgesetzt, um kreative Nutzer weltweit per Stipendium in Videoproduktion oder digitalem Marketing zu schulen und weiter zu professionalisieren. Bislang gab es zwar noch keine standardisierten Influencer-Modelle oder Marketing Ads, einige Mitmach-Kampagnen von Beiersdorf für 8×4 oder von Kit Kat stellten aber eine von vielen Marketing-Maßnahmen auf der Musik-Plattform dar. Unter dem gleichnamigen Hashtag #kitkat sollten möglichst viele User Playback-Videos zum Remix-Jingle aufnehmen. Witzig: Zu gewinnen gab es nichts. Es ging lediglich darum, mitzumachen und ein Teil der Community zu sein.
“Wir entwickeln einen Marktplatz, der Marken mit Influencern verbindet.”
Papik über die Entwicklung von Musical.ly.
Die Details des Geschäftsmodells sind noch nicht offengelegt. Vermarktungspotenzial ist auf jeden Fall vorhanden. Wir sind auf die Entwicklung von Tik Tok gespannt!