Elon Musk
Er ist ein Extremfall, aber unterm Strich funktioniert es wunderbar: Der CEO von Tesla hat auf Twitter 40,5 Millionen Follower.

Elon Musks Twitter sieht auf den ersten Blick so aus, als hätte er keine Social-Media-Strategie: Gedanken, Witze, aber auch Rage-Tweets, ab und an böse Wörter und Beleidigungen. Scheinbar ungefiltertes Gewüte hat hier und da auch schon an der Börse gekostet und die ein oder andere Klage gegen ihn verursacht.

Aber die Zahlen und die Kommentare der Fans beweisen, dass es eben doch eine (gute!) Strategie ist – denn er löst in seinen Followern Emotionen aus. Er macht sich relatable, denn in den Augen des Users lässt er manchmal in seiner Wut einfach einen Tweet los, ohne darüber nachzudenken. Die User erkennen sich darin, es hat immerhin schon jeder mal wütend eine Nachricht abgeschickt, die man lieber bei sich hätte behalten sollen.
Elon Musk wirkt, als hätte er keine Strategie und genau das gefällt den Usern – sie fühlen sich nicht ausgetrickst und als hätten sie Zugang zur echten, ungefilterten Person Musk. Dabei hilft auch, dass er mit seiner Community auch viel interagiert – kommentiert, Memes repostet und sogar seine Fans trollt.


Die Empörung über den Joint, den er im Podcast mit Joe Rogan geraucht hat, zeigt, dass ihr es nicht jedem recht machen könnt. Während K-Pop-Stars sich schon für eine Zigarette verantworten müssen, hat Musks Joint in Amsterdam niemanden interessiert. Verschiedene Kulturkreise und verschiedene politische Haltungen bedeuten eben letztlich, dass ihr immer irgendwo jemandem auf die Zehen tretet. Und wenn ihr das tut, dann doch lieber authentisch wie Elon.

Tesla hatte zwischenzeitlich einen Börsenwert, der die Volkswagen-Gruppe, Daimler und BMW zusammen übertraf. Und das nicht nur, weil Elektroautos für die Zukunft höchst relevant sind, sondern vor allem, weil Elon Musk mittlerweile als Person selbst eine Marke ist. Tesla gilt als Vorbild in Sachen Fortschrittlichkeit und Elon ist das verrückte Genie, dem man zutraut, das Ding zu reißen und Tesla aus den roten Zahlen zu holen und langfristig profitabel zu machen.

John Legere vs. Hannes Ametsreiter
John Legere war bis Ende April 2020 CEO von T-Mobile US. Auf Twitter hatte er über 6,5 Millionen Followern, auf Instagram über 77.000 – und er hat sogar einen eigenen Giphy-Channel mit 8,1 Millionen Views!
(Auch nach Abtritt als CEO haben sich seine Followerzahlen übrigens nur wenig verringert.)


Eyecatcher: Das T-Mobile-Magenta, das er immer und überall trägt. (Immer noch, Zitat Legere in seiner Insta-Bio: “[I] still don’t own any non-magenta clothes.”) Ansonsten betrieb er gern Twitter-Beef mit der Konkurrenz und schaffte es dabei gleichzeitig, T-Mobile als gute Marke dastehen zu lassen und gleichzeitig krass witzig zu sein. Die Entscheidung, gegen die Konkurrenten verbal auszuteilen, war aber eine grundlegend strategische:
“Every good narrative has a villain.”
John Legere, Harvard Business Review
Als John Legere T-Mobile US übernahm, galt es als sinkendes Schiff. Der deutsche Mutterkonzern hatte versucht, das Tochterunternehmen zu verkaufen, war es aber nicht losgeworden. John Legere hat T-Mobile US eigenhändig aus dem Loch geholt und den Konkurrenten Sprint nicht nur überholt, sondern mittlerweile übernommen.
John ist so beliebt, dass Fans sagen, sie seien nur seinetwegen zu T-Mobile gewechselt, und sein Video-Content, nämlich der #SlowCookerSunday, ist neben Kundenservice und Leistungen ein Grund, warum Fans nicht nur Legere, sondern auch den Anbieter lieben.
There is not enough room in this tweet space as to why I love @TMobile but I will try – first and foremost the amazing customer service! #TMobileTuesdays , #Scamblock , #slowcookersundays , fun! Magenta! No hidden fees! No contracts! Awesome sponsorships (T-Mobile park & more)!
— Shannon (@luv_mydachshund) November 20, 2019
— John Legere (@JohnLegere) November 20, 2019
I felt wrong for following @JohnLegere and not being a @TMobile customer…. so I switched! And now I’m saving $100/month on my phone bill! Double win.
— steph (@stephworldbeats) October 29, 2019
Legere, wie Musk, interagiert viel mit Fans – und das macht sich bemerkbar. Der User fühlt sich wertgeschätzt: Allein, dass ein CEO wie John Legere nach einem Awesome-GIF gesucht hat, um auf den eigenen Tweet zu reagieren!
Zack, Sympathie.
Hannes Ametsreiter ist CEO von Vodafone Deutschland. Er hat auf Twitter 4.289 Follower und einen Blog auf LinkedIn. Im “Behind the Screens”-Podcast erklärt er: Nicht jeder Follower ist nur eine Zahl. Ihm folgen viele Opinion-Leader, beispielsweise Journalisten. Und indem eben diese Journalisten darüber berichten, was er sagt und schreibt, generieren sie wieder Aufmerksamkeit für das Unternehmen und Reichweite.
Im direkten Vergleich zu Legere schneidet Ametsreiter aber mau ab. Nicht nur hinsichtlich der Zahlen, sondern auch der Content-Marketing-Strategie! Legere hat das größte Problem seiner Branche ausgesprochen:
“[T]he most important thing I recognized wasn’t specific to T-Mobile; it was true for the wireless industry in general: People hated it.”
John Legere, Harvard Business Review
Kunden wählen Netzanbieter aus der Notwendigkeit und eher nach dem Prinzip des kleinsten Übels. Legere hatte seine Strategie darauf ausgerichtet, das zu ändern und sich komplett der Kundenorientierung verschrieben. Er verwendete seine Accounts dazu, T-Mobile zu etwas zu machen, das Spaß macht, das cool ist, und eben eine richtige Marke mit Fans, und nicht nur eines der vielen Übel, mit denen man sich herumschlagen muss.
Das müsst ihr euch mal reinziehen: Legere hat bei seinen Fans mit seinem Social-Media-Account ein ganzes Branchenproblem für seine Marke annulliert!
Ametsreiter setzt dagegen noch auf klassische Werbung, klassische Selbstdarstellung und zu wenig auf Kundenorientierung und die Akzeptanz, dass seine Branche bei Endnutzern eher unbeliebt ist. Während Ametsreiters Strategie sehr gut im Business funktioniert (auf Twitter taucht sein Name vor allem und viel bei Konferenzen und Interviews auf) verpasst er doch das, was die große Chance von Social Media ist – nämlich die Endkunden zu erreichen, die Fans werden könnten.
Und warum schneidet sich Ametsreiter nicht eine Scheibe von Legere ab?
“John Legere hat das großartig gemacht. Ihm hat man das abgenommen. Mir würde man das nicht abnehmen, deswegen mache ich das nicht.”
Hannes Ametsreiter, “Behind The Screens”-Podcast
Immerhin – Ametsreiter bleibt sein authentisches Selbst.
Tina Müller
Tina Müller ist CEO der Douglas-Gruppe – und ein gutes Beispiel dafür, dass Zahlen wie Follower und Engagement immer relativ sind. Sie hat auf LinkedIn einen Blog und bekam von LinkedIn die Silbermedaille als Top Influencer 2019. Auf Twitter hat sie über 9.200 Follower. Insgesamt gehört sie zu den Trendsettern der deutschen Social CEOs – ihren Twitter-Account gibt es seit 2010. Dazu ist sie ebenfalls Gast bei diversen Podcasts, wie dem Handelsblatt Mindshift, dem hy podcast oder bei Kassenzone.

Insgesamt postet sie ausgewählte Unternehmensnews, bezieht Stellung zu wirtschaftspolitischen Themen wie Frauen in Führungspositionen und der Gender Pay Gap, teilt Medien, die sie persönlich interessieren und gibt ab und an auch persönliche Einblicke.
Tina Müller hat bei Douglas das Onlinegeschäft vorangebracht – innerhalb eines Jahres verzeichneten die Onlinekäufe einen Zuwachs von über 38%. Sie betont immer wieder, wie wichtig es ist, mit der Digitalisierung zu gehen und die Chancen zu nutzen. Es ist also nur konsequent, damit im Kleinen anzufangen: bei der eigenen Person und Position.
Die Statements, die sie setzt, sind gut ausgewählt. Douglas als Beauty-Unternehmen hat als Kunden und Fans vor allem Frauen. Sich für deren (wirtschaftliche) Gleichberechtigung einzusetzen, verbindet die Kunden und Fans mit Tinas Unternehmenswerten.
Zugegeben, das Engagement ihrer Social-Media-Posts ist eher mau. Trotzdem hat sie es geschafft, dass Douglas wieder mehr im Gespräch ist und wieder jünger wirkt. Das, indem sie als Person vortritt und über das Unternehmen, ihren Job und das Leben dort spricht, aber auch, indem sie urteilsfrei Trends beobachtet und dann Kooperationen startet mit Größen wie Shirin David und Kylie Jenner.
Was sich bemerkbar macht: Obwohl sie sich mit jüngeren Generationen auseinandersetzt, versucht sie nie gezwungen, eine von ihnen zu sein. Tina Müller setzt auf dezentes Socializing: zuhören, sich selbst treu bleiben, ohne sich für mehr Reichweite zum Affen zu machen.
“Du musst du selbst sein und keine Rolle spielen, das hältst du auf Dauer eh nicht durch.”
Tina Müller, Mindshift-Podcast
Was Social CEOs von den 4 Beispielen lernen:
- Wer ist die Person hinter dem Schlips? In Deutschland gibt es noch zwei Parallelwelten. Beispiel Twitter – es gibt das private Twitter und das Business-Twitter. Musk und Legere haben deswegen so viele Fans, weil sie es geschafft haben, diese beiden Ebenen zu vermischen und ihr persönliches Entertainment der Marke zugutekommen zu lassen. Bei uns in Deutschland herrscht noch ein Anspruch an Professionalität – aber Emotionen und Persönlichkeit sind die Zutaten, um aus Usern waschechte Fans zu machen. Die Person hinter der CEO-Position zu zeigen killt nicht eure Professionalität, es macht euch menschlich und nahbarer!
- Es muss nicht zwangsweise das private Sonntagmittag-Ritual sein. Legere macht mit #ceoanswers vor, wie man die Funktion des CEO mit der Person dahinter verknüpfen kann: persönliche Denkansätze zu funktionalen Themen.
- Haltung verbindet. Tina Müller ist Beispiel dafür, dass persönliche politische Meinungen nicht unangebracht sind, vor allem, wenn sie mit Unternehmen und Zielgruppe einhergehen.
- Fehler sind menschlich. Wie Musk zeigt: Jeder macht Fehler, CEOs sind keine Übermenschen. Die Frage ist nicht, ob ihr welche macht, sondern wie ihr damit umgeht. Steht dazu, bleibt euch treu – und am Ende kann euch der Fehler sogar zugutekommen.
Ihr wollt wissen, wie ihr am besten vorgeht, um selbst Social CEO zu werden?
We got you covered!
Eine Antwort auf „Kiffen, pinke Shirts und Gender Pay Gap – 3 Beispiele für Social CEOs“
Und, wie steht ihr zu Elon Musk? Immerhin hat er ja doch schon ‘nen riesigen Wirbel verursacht und durfte für seine provokanten Worte schon das ein oder andere Mal Strafe zahlen. Trotzdem geil?
Oder doch lieber die Better-Safe-Than-Sorry-Strategie von Hannes Ametsreiter und Tina Müller?